Organisationale Gerechtigkeit verhindert Gratifikationskrisen
Gerechtigkeit ist auch im Kontext der beruflichen Tätigkeit für den Menschen hochbedeutsam, denn jene bildet einen zentralen Bestandteil seines Lebens und seiner Identität. Bei der Arbeit erlebt er Identifikation, Anerkennung und Wertschätzung sowie Selbstwirksamkeit und Gemeinschaft mit anderen. Das Gerechtigkeitserleben wird in der aktuellen Diskussion zum Thema "psychische Gesundheit" besonders bedeutsam: Gerechtigkeit lässt sich als ein wesentlicher Aspekten definieren, der für "gesundes Arbeiten" relevant ist.
Psychosoziale Anforderungen der Arbeitswelt sind insbesondere dann gesundheitsgefährdend, wenn sie die Bewältigungskompetenzen des Einzelnen überschreiten. Diese unterscheiden sich individuell, und in jedem Einzelfall kommt es auf das Zusammenspiel der Person mit den konkreten Bedingungen der jeweiligen Arbeitssituation an. Dabei besteht beispielsweise ein Zusammenhang zwischen Faktoren wie Gehalt/Entgeltgerechtigkeit, Anerkennung und Arbeitsplatzsicherheit als "Belohnung" auf der einen Seite sowie den Anforderungen der Arbeitstätigkeit und dem gezeigten Engagement auf der anderen Seite mit der Gesundheit von Beschäftigten.
Siegrist (1996) thematisiert dies in seinem Modell der beruflichen Gratifikationskrisen, das den Arbeitsaufwand und das Engagement sowie die hierfür gewährten materiellen und immateriellen "Leistungen" der Organisation in den Mittelpunkt stellt: Ein Missverhältnis zwischen starker Verausgabung und als ungerecht, weil als viel zu gering empfundener Gegenleistung führt auf Dauer zur sogenannten Gratifikationskrise. Deren Wahrscheinlichkeit steigt, wenn auf der organisationalen Ebene große Ungerechtigkeit herrscht. Wird auf Dauer der eigene Einsatz in Form von Engagement, Flexibilität, Wissen, Zeit, Identifikation mit der Organisation, Leistung etc. nicht durch entsprechende "Belohnung", beispielsweise ein gerechtes Entgelt, qualifikationsadäquate Arbeitsaufgaben, Arbeitsplatzsicherheit oderWeiterbildungs-, Entwicklungs- und Partizipationsmöglichkeiten, ausgeglichen, so beeinflusst dies die physische wie psychische Gesundheit negativ. Daraus können Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (so ist beispielsweise der Zusammenhang von Gratifikationskrisen und koronaren Herzkrankheiten empirisch nachgewiesen) oder psychische Erkrankungen wie Depressionen entstehen sowie auch das aktuell viel diskutierte Burnout-Syndrom.
Die zentralen Gestaltungsmöglichkeiten für Organisationen zur Vermeidung von Gratifikationskrisen liegen im Bereich der Verhältnisprävention. Hier sind ein professionelles Veränderungsmanagement, eine wertschätzende und anerkennende Führung, eine frühzeitige und umfassende Kommunikation und eine werteorientierte Unternehmenskultur wichtige Gestaltungsfelder. Ebenfalls bedeutsam sind strukturelle Aspekte wie Aufgabenvielfalt,Wahlmöglichkeiten, ein als gerecht empfundenes Entgelt, materielle und immaterielle Belohnung, ein unterstützendes Team oder das Erleben von Fairness und Respekt, ebenso das Erleben von prozeduraler wie interaktionaler, aber insbesondere distributiver Gerechtigkeit.
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